Eine Träne

Eine Träne, sie kullert über meine Wange. Zuerst ist sie alleine und schimmert im Glanz der Sonne, welche auf mein Gesicht strahlt. Doch dann gesellt sich eine weitere hinzu und noch eine und eine vierte und fünfte, es hört nicht mehr auf, meine Wangen werden überschwemmt und auch die Sonne scheint mittlerweile vergebens und vermag es nicht mehr, den geheimen Glanz zu spenden, welcher noch in der ersten Träne vorherrschte.

Tiefe Trauer und Wut breiten sich unter den tränengetränkten Wangen aus, sie will hinaus und der Mund beginnt zu schreien. Laut und immer lauter, die Ohren schmerzen. Alles ist einfach nur dunkel und wie ein dicker Wintermantel legt sich schwer ein betäubender, dunkler Schlamm auf den ganzen Körper. Er erreicht sogar die Seele, beginnt an dieser ebenfalls zu drücken, sie zu betäuben. Doch dann, ein kleiner Ruf eines Bussards, ein heller Klang dieser kurz und vehement rufenden Greifvogel Stimme. Der Schlamm löst sich fort, verkriecht sich wieder in die Abgründe aus denen er kam. Die Tränen werden wieder von Sonnenlicht erfüllt und die Wangen auf denen sie kullern werden erwärmt. Von innen heraus ruft die Seele auch mit des Bussards Schrei, sie ruft ganz laut und sagt danke, auch wenn der Körper weiterhin gekrümmt am Boden liegt.

Grashalme neigen sich im Wind, es riecht nach moderiger Erde und langsam verhallt der Ruf des Greifvogels hinter den Wipfeln der dichten Tannen – eine Träne fällt auf den Boden und wird eins mit der Erde, eins mit dem Leben und eins mit dem Tod. Sag ihm, ich habe ihn geliebt, auf meine Art, so ehrlich wie ich nur lieben kann. Sag ihm, ich habe ihn geachtet und bin dankbar für seine Lehren. Sag ihm, ich werde es weitergeben, sein Leben und seinen Stil und schenke ihm dieses, meine Achtung, meine Liebe und den Stolz.

Die Träne verschwindet im lockeren Erdreich und die Rufe des Bussards sind endgültig verschwunden. Die Wangen trocknen, Salz bleibt zurück. Ich blicke auf und richte mich nach oben, stehe wieder gerade und rufe laut aus … danke !